In 48 Stunden zur individuellen Orthese dank 3D-Druck

Orthese aus dem 3D-Drucker

Seit Jahren helfen wir Unternehmen und Institutionen bei der Implementierung additiver Fertigungsverfahren – stets mit dem Ziel, Prozesse zu optimieren. Wir bedienen Kunden aus allen Branchen, von Engineering über Maschinenbau bis hin zu Spitälern und Dentallaboren. Die Lösungen müssen stets passend sein sowie einen Fortschritt bezüglich Kosten, Zeit, Aufwand oder Zielgerichtetheit bringen.
Doch diesmal benötigte ich selbst das gesamte Potenzial der generativen Fertigung. Ausgerechnet zur ersten Hitzewelle des Sommers habe ich mir den Unterarm (Radius) gebrochen. Bereits nach zwei Tagen war klar, dass ich die nächsten sechs Wochen mit der vom Arzt erhaltenen Standard-Schiene schwer aushalten werde. Sie ist schlicht zu gross und starr, was mich unnötig einschränkt. Zudem ist sie mit Schaumstoff und Verband stark verschlossen – bei diesen Temperaturen eine zusätzliche Belastung.
Eine individuell passende Orthese musste her. Ich informierte meinen Arzt darüber, dass ich diese gerne selbst mittels 3D-Druck anfertigen möchte – dieser gab mir das Einverständnis.

3D-Scan vom Körperteil mit dem peel3

Zurück in der Firma legte ich die Schiene ab und scannte mit Hilfe meines Kollegen Nicolas sowie mit dem Peel 3 3D-Scanner kurzerhand den Unterarm. peel3D bietet in seiner Standardsoftware eigens eine Funktion für das Scannen von Menschen oder Körperteilen. Dies macht es leicht, da der Scan nur wenige Minuten dauert. Der Scan ist zudem so präzise, dass wir keine Zeit in die Nachbearbeitung investieren mussten, sondern einfach das 3D-File (.stl) exportieren konnten.

3D-Scan Peel3
Körper 3D-Scan
3D-Scanner für Orthese

Vom 3D-Scan zum Orthesen-Modell

Da ich kein Orthopäde bin, musste ich kurz recherchieren, wie ich zu einer geeigneten Software gelange, welche es mir ermöglicht, schnell und einfach eine Orthese zu modellieren. Mit „Mecuris“ fand ich eine einfach zu bedienende browserbasierte Software. Damit modellierte ich in rund 20 Minuten die Orthese inklusive Löcher für den Verschluss.
Eigentlich bietet die Software auch die Möglichkeit, Muster und Motive zu setzen. Da ich aber für die aktuelle Jahreszeit ein möglichst luftiges Model suchte, liess ich davon ab. Ich exportierte die Orthese erneut und importierte sie in die CAD-Software Autodesk Fusion 360. Daneben generierte ich ein Vonoroi mit STG Vonoroi SVG Generator. Auf Basis einer Abwicklung transferierte ich dieses dann auf meine Orthese. Nun musste ich nur noch mein fertiges Orthesen-Modell wieder exportieren.
Die Erstellung des Orthesen-Modells wird je nach Fall und je nach Übung sowie Fachwissen ca. 20-60 Minuten in Anspruch nehmen. Als Laie muss ich sagen, dass ich positiv überrascht war, wie einfach und intuitiv heute die Ortho-Softwares sind.

3D-Druck Ortho-Software
Ortho-Software für 3D-Druck
Orthesen CAD
3D-Druck von Orthesen

Vom Orthesen-Modell zur Orthese

Der Rest war wieder ein Kinderspiel für mich. Das fertige Modell lud ich in die Software PreForm von Formlabs und wählte den SLS 3D-Drucker Fuse 1+ mit Nylon 11 aus. Das Nylon 11 von Formlabs ist perfekt für diese Anwendung, denn einerseits bietet es ausreichend Festigkeit und trotzdem ausreichend Flexibilität. Andererseits ist das Material biokompatibel, also hautverträglich, was das Tragen völlig unproblematisch macht. Da der Bauraum des Fuse 1+ ausreichend Platz bietet, duplizierte ich die Orthese, sodass ich eine zum Wechseln habe. Den Rest des Bauraums füllten wir mit anderen Teilen. Anschliessend musste ich den Druckjob nur noch auf die Maschine laden. Vorbereitung und Start des Drucks dauern maximal 20 Minuten.
Nach rund 22 Std. Druckzeit und 10 Std. Abkühlzeit waren die Schienen bereit zur Entnahme. Dabei nimmt man die Baukammer aus dem Fuse 1+ und schiebt sie in die Nachbearbeitungsstation Fuse Sift. Dort entfernt man mit einer Bürste das nicht gesinterte Pulver. Dies dauert etwa 15 Minuten. Anschliessend wurden die Orthesen noch kurz gesandstrahlt und schon waren sie einsatzbereit.

Orthese aus dem 3D-Drucker
3d-gedruckte Orthese
Orthese aus dem SLS 3D-Drucker

Fazit

Insgesamt benötigte ich ca. 35 Std., bis meine individuellen Schienen fertiggestellt waren. Selbstverständlich liess ich diese noch von meinem Arzt absegnen. Statt 100% arbeitsunfähig bin ich nun wieder 50% arbeitsfähig und mein Wohlbefinden ist massiv gestiegen.
Meine persönliche Erfahrung verdeutlicht, welch grosses Potential die Herstellung von 3D-gedruckten Orthesen für Ärzte sowie Orthopädietechniker birgt und 3D-Druck das Wohl von Patienten erheblich verbessern kann.
Kontaktieren Sie uns gerne, wenn Sie zu diesem Thema weitere Fragen haben oder Interesse besteht, den digitalen Workflow selbst zu testen.

Standard vs. individual Orthese